Schrödingers Buch

Wie es kam, dass die aktualisierte und erweiterte Neuauflage meiner Stiegelmeyer-Unternehmenschronik gleichzeitig kürzer und länger geworden ist

Es ist jetzt neun Jahre her, dass ich das Vergnügen hatte, im Auftrag der Firmenchronik-Spezialisten von Pro Heraldica die Unternehmensgeschichte von Stiegelmeyer aufzuzeichnen. Es handelt sich um den bekannten ostwestfälischen Traditionshersteller hochtechnisierter Kranken- und Pflegebetten.

Nebenbei: Das Vorhaben hatte sich schon deswegen gelohnt, weil ich dabei unter anderem einen 1953 geschmiedeten Stiegelmeyer-Reklameslogan der Vergessenheit entreißen und (eine Zeitlang wenigstens) unsterblich machen konnte: „Wenn etwas kann die Welt noch retten, dann sind das Stiegelmeyer-Betten!“ Man war halt bescheiden, damals in der „Propagandaabteilung“ des Bettenherstellers.

Bei Erscheinen des Bandes, 2016, lag kein „rundes“ Firmenjubiläum vor, wie es sonst häufig den Anlass für das Herausgeben der firmeneigenen Herkunfts- und Entwicklungsgeschichte bietet. Das war einfach noch nie gemacht worden, und das genügte als Grund. Denn das im Jahr 1900 ins Handelsregister von Herford eingetragene Unternehmen hatte 2016 einen wilden Ritt durch mehr als elf Jahrzehnte hinter sich. Mit erfolgreichem Ausgang, versteht sich.

Doch auch wenn die von mir recherchierte und aufgezeichnete Firmengeschichte am Ende ein „Ausblick“-Kapitel enthielt: Schnell wurde dieser spekulative Blick auf Stiegelmeyer-Entwicklungen bevorstehender Jahre zur realen Vergangenheit. Auch Geschichte altert eben gnadenlos.

Dieses Jahr aber ist es soweit: Das runde Jubiläum ist erreicht. 125 Jahre Stiegelmeyer, das war nun wirklich ein Anlass, die inzwischen auch schon wieder durchlebten neun Jahre seit 2016 zu dokumentieren und gemeinsam mit der ursprünglichen Erzählung in eine aktualisierte und ergänzte Buchform zu bringen. Natürlich spielt mittendrin ein welthistorisches Ereignis eine Hauptrolle:

Mit Blick auf die Jahreszahl dürfte klar sein: Es geht um Corona. Die Pandemie, die vielen Unternehmen und Existenzen das Genick brach, rüttelte auch Stiegelmeyer ordentlich durch – doch das Familienunternehmen ging einmal mehr gestärkt aus dieser Herausforderung hervor. Man hatte in 125 Jahren eben schon ganz anderes überstanden. Den gewonnenen Ringkampf gegen das unberechenbare Weltgeschehen erneut möglichst lebendig zu erzählen, war mir als Autor ein Herzensanliegen. Schließlich hatte mir das Unternehmen, das mich schon einmal in seinen Bann gezogen hatte, ebenso wie Pro Heraldica für diese Aufgabe erneut das Vertrauen geschenkt.

Im Zuge der gerade eben erschienenen Neuauflage ist auch das Layout aufgefrischt worden. Das Ganze hat somit eine lesefreundlichere, elegantere, eben zeitgemäße Form. Mit der Folge, dass 125 Jahre (samt erneutem Ausblick) in Textform jetzt 201 Seiten umfassen – statt vorher 241 Seiten, als es erst 116 Jahre waren. Das Opus ist also gleichzeitig länger und kürzer geworden – Schrödingers Katze lässt grüßen.

An einem Detail der Buchgestaltung kann ich mich übrigens kaum sattsehen: an den erhabenen, reliefartigen Lettern auf Cover und Rücktitel, lackschwarz auf mattschwarzem Grund, die im Sonnenlicht glänzen. Gell, das macht schon was her: